20.03.2021 - Conrad Rössel (CR)
Stellungnahme zum ZDF-Beitrag "Turbo, Tempo, Tesla - Elon Musk in Brandenburg"
Der Beitrag "Turbo, Tempo, Tesla - Elon Musk in Brandenburg" des ZDF-Magazins Frontal21 - zu finden unter https://www.zdf.de/politik/frontal-21/dokumentation-turbo-tempo-tesla-elon-musk-in-brandenburg-100.html - wurde am 16.03.2021 ausgestrahlt und ist auf der ZDF-Homepage eingestellt und dort zusammen mit einem Begleittext abrufbar.
Einmal mehr legt Conrad Rössel eine Programmbeschwerde wegen der sehr einseitigen Darstellung des Beitrags von Frontal 21 "Turbo, Tempo, Tesla Elon Musk in Brandenburg" am 16.03.2021. Diese ist hier wiedergegeben:
Sehr geehrte Damen und Herren,
die Darstellungen in ihrer Sendung sind vielfach einseitig, unvollständig, unzureichend recherchiert bis schlicht falsch, was ich weiter unten belege.
Ich lege gegen diese Sendung und ihre Begleitseite Progammbeschwerde ein, da u.a. die ZDF -Richtlinien in hohem Maße verletzt werden.
ZDF - Richtlinien und Pflichten sind u.a.:
- „Das ZDF zielt auf eine Qualitäts-Marktführerschaft .... Seine Programme sind den publizistischen, ... Standards sowie den rechtlichen Vorgaben der … , Objektivität, Ausgewogenheit, ... verpflichtet.“
- „(4) Die Informationssendungen ... müssen durch Darstellung der wesentlichen Materialien der eigenen Meinungsbildung dienen. Sie dürfen dabei nicht durch Weglassen wichtiger Tatsachen, durch Verfälschung oder durch Suggestivmethoden die persönliche Entscheidung zu bestimmen versuchen.“ aus: https://www.zdf.de/zdfunternehmen/fragen-und-antworten-zum-zdf-zuschauerfragen-100.html und „Richtlinien für die Sendungen und Telemedienangebote des „ZWEITEN DEUTSCHEN FERNSEHENS“ vom 11. Juli 1963 in der Fassung vom 11. Dezember 2009“
Der Film endet mit den Worten: „ … Tesla macht immer weiter …. , und schafft Fakten“.
Das ist FALSCH!
Tesla baut mit den nur vorläufigen Baugenehmigungen auf eigenes Risiko, und muss den Ausgangszustand auf seine Kosten wieder herstellen, falls die finale Baugenehmigung nicht erteilt wird.
In 43:58 Beitrags-Länge (inklusive minutenlangen Flugaufnahmen mit einem alten russischen Doppeldecker) bringt das ZDF/Frontal 21 es nicht fertig, diesen wichtigen, entscheidenden Sachverhalt auch nur am Rande zu erwähnen.
Sie unterschlagen dem zahlenden Zuschauer wichtigste Fakten!
Dies verletzt u.a. die journalistische Sorgfaltspflicht.
Dass Tesla „nur“ mit „vorläufigen Baugenehmigungen“ baut, wird dagegen von ihnen regelmäßig kolportiert, aber so, als ob das ehrenrührig wäre.
Dass die Behörden vorläufige Baugenehmigungen erlassen, ist ein absolut gängiges Verfahren, das spart den Firmen Zeit und Geld im heute sehr schnellen, meist internationalen Wettbewerb.
Aber eben auf eigenes Risiko.
Und vorläufige Baugenehmigungen stellen die Behörden auch nur dann aus, wenn aus ihrer Sicht davon aus zugehen ist, dass es eine endgültige Baugenehmigung geben wird.
Schon bei 01:10 wird erstmalig die Ressource Wasser in den Vordergrund gestellt.
Auch das ist falsch und manipulativ – das führt den Zuschauer in die Irre. Tesla hat Deutschland/Brandenburg nicht ausgewählt, weil es dort „Wasser gibt“ und Tesla das unbedingt braucht (welcher Industriebetrieb braucht kein Wasser?), sondern weil das eine zentrale Lage in Europa ist, und es gute Infrastruktur und Fachkräfte gibt.
Die 1. Gigafactory („Giga Nevada“) ist in einem Wüstenstaat gebaut worden, wie der Name schon sagt. Und warum?
Weil es dort (viel) Wasser gibt?
Nein, aber günstiges Bauland mit Erweiterungsmöglichkeiten, gute Verkehrsanbindungen, schnelle Genehmigungsverfahren usw.
Ihre Darstellung verletzt publizistische Standards sowie die rechtlichen Vorgaben der Objektivität.
Bei 17:50: „das war’s mit Musks Bemühen, die Brandenburger Nöte zu verstehen“.
Wie der zuständige Minister doch ausgeführt hat – Tesla ist die Limitierung bekannt.
Den dort wohnenden Menschen wird doch nicht das Wasser limitiert, sondern ggf. Tesla.
Was soll diese Überzeichnung des Themas als erster Punkt bereits bei 01:10 des Filmes?
Dass Musk von dem Problem weiß, ist ja an seiner Antwort erkennbar – seinen Hinweis auf gepumptes Wasser aus Braunkohlegruben nimmt die Sendung leider nicht auf, Sie recherchieren nicht (mutmaßlich weil es das Problem reduziert hätte und das passt halt nicht zu ihrer einseitigen Darstellung).
Um die Größenordnungen darzustellen: aus den Braunkohlegruben des (entfernten) Lausitzer Reviers wurden im Jahr 2009 230 Mio. m³ Grundwasser abgepumpt, siehe: https://de.wikipedia.org/wiki/Braunkohlebergbau.
Der Jahresbedarf der Tesla Giga Berlin-Fabrik wird in der Sendung mit 1,4 Mio. m³ angegeben.
Ca. 20:40 im Film: Dass deutsche Beamte unter Zeitdruck überhaupt und dann noch gründlich arbeiten sollen, ist natürlich eine Ungeheuerlichkeit, das ist einzusehen (in der Industrie ist das der Normalfall – falls das für irgendjemanden beim ZDF neu sein sollte).
Auch hier ist Deutschland im internationalen Wettbewerb.
Wenn die Tesla-Ansiedlung hier scheitert, weil Beamte womöglich damit Stress haben könnten, ist das ein katastrophales Signal an internationale Investoren. Standort Deutschland ade!
Die dabei von ihnen hinterlegten Bilder von am Arbeitsplatz allesamt verzweifelnden, zusammenbrechenden, überlasteten Beamten ist eine plumpe, abzulehnende Suggestiv-Methode.
Ca. 30:10 im Film: ein fratzenhaft dargestellter Elon Musk, der ungeheuer reich ist.
Korrekte Beschreibung wäre: dies errechnet sich alleine aus seinem Aktienanteil bei Tesla, nicht aus Vermögen auf Konten oder in Immobilien etc.
Wenn Elon Musk nennenswert Aktien veräußern würde, müsste er das öffentlich machen und der Aktienkurs würde sofort massiv einbrechen, Anleger würden sich zurückziehen, usw. und die Firma gefährden.
Ein Gehalt als CEO bezieht er übrigens nicht.
Die zitierte 1 Mrd. für die Batterie-Fabrik (die bisher nur angedacht, geschweige denn genehmigt ist) ist eine EU-Förderung aus einem Topf, aus dem z.B. auch BMW Gelder bekommen wird.
Auch diese Dinge verschweigen Sie dem Zuschauer, dem Sie damit weiter ein extrem einseitiges Bild vermitteln.
34:40 bzw. im Begleittext : „Der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Reiner Hoffmann, fordert Tesla auf, Gewerkschaften in Grünheide und eine Tarifbindung zuzulassen.
Dies sei eine Verpflichtung, so Hoffmann, da Musk vom Steuerzahler hunderte Millionen Euro Subventionen erhalte.
Musk könne "nicht auf der einen Seite die Hand aufmachen und öffentliche Fördergelder gerne einstecken, aber bei den Beschäftigten alles daransetzen, sie bei schlanken Löhnen zu beschäftigen, mit miesen Arbeitsbedingungen.
Das verträgt sich nicht", sagt Hoffmann im Interview mit Frontal21.
Conrad Rössel: Das ist falsch, Herr Hoffmann. Fördergelder etc. sind nicht an Gewerkschaften gebunden, auch wenn Hr. Hoffmann so was vielleicht gerne hätte. Diese Verquickung steht ihm nicht zu.
Bedauerlich und falsch, dass Frontal 21 das einfach so stehen lässt.
Weiter: „schlanke Löhne … bei miesen Arbeitsbedingungen“: niemand ist gezwungen, bei Tesla zu arbeiten, aber trotzdem tun es immerhin ca. 70.000 Menschen.
Für Giga Berlin braucht Tesla nicht nur ein paar Berufsanfänger und Hilfskräfte, sondern auch viele Fachkräfte, sonst funktioniert diese Fabrik nicht.
Diese Fachkräfte werden wohl kaum von ihren gut bezahlten Jobs mit guten Arbeitsbedingungen zu „schlanken Löhne … bei miesen Arbeitsbedingungen“ bei Tesla wechseln.
Wie die Bezeichnung „Arbeitsmarkt“ schon sagt – Angebot und Nachfrage.
Ein bisschen Recherche bezüglich Tesla und Arbeitsmarkt bringt da überaus Interessantes zu Tage: https://www.teslarati.com/tesla-giga-berlin-starting-wages-revealed/
„ … This was highlighted by Jochem Freyer, the Head of Worker Agency at Frankfurt. … the lowest pay for base workers has already been set. Tesla has agreed to pay workers without education and who were unemployed at the time of their application at the company a salary of €2,700 per month. This amount, Freyer explained, is very high, and it is rare to see companies committing such a salary for its entry-level workers.
Und demnach stehen Leute bei Tesla schon auch mal Schlange: https://electrek.co/2020/11/11/tesla-most-attractive-company-engineering-students-massive-advantage/
„Tesla has now taken the No. 1 spot in the rankings of the most attractive companies for engineering students to work for in the US.“
Und: Januar 2017 hat Tesla die deutsche Firma Grohmann Engineering übernommen: https://www.welt.de/wirtschaft/article169760888/Tesla-gibt-deutschen-Mitarbeitern-deutliche-Gehaltserhoehung.html
18.10.2017
„… Zur allgemeinen Verunsicherung kam noch das Lohnniveau hinzu, das schon vor der Übernahme durch Tesla etwa 30 Prozent unter dem des für die Branche gültigen Tarifvertrags lag. (Conrad Rössel: Wo waren denn da ihre Gewerkschaften, Hr. Hoffmann? Merker für Frontal 21: erst mit Tesla wurde ein übliches Gehalts-Niveau überhaupt erreicht!)
… im Frühjahr hatte Tesla-Chef Elon Musk bereits mit einem Brief reagiert, in dem er erste Zugeständnisse machte und jedem Mitarbeiter Tesla-Aktien im Wert von 10.000 Dollar (CR: Wert hat sich inzwischen vervielfacht!), eine Einmalzahlung von 1000 Euro sowie eine sofortige monatliche Lohnerhöhung von 150 Euro zusagte. Nun werden die Gehälter weiter angehoben.“
Soweit, Frontal 21 und Hr. Hoffmann, zu „schlanke Löhne … bei miesen Arbeitsbedingungen“.
Ist Hr. Hoffmann so schlecht informiert, wenn er als Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) in ein Interview geht oder ging es ihm nur darum, sich als oberster Gewerkschafts-Funktionär lautstark zu profilieren (ohne Rücksicht auf den Wahrheitsgehalt seiner Aussagen)?
Und warum bringt Frontal 21 es nicht fertig, diese Dinge selbst zu recherchieren bzw. zu überprüfen?
Wiederum absolut ungenügende Recherche durch das ZDF, und einseitige, verfälschende Darstellung bzw. mangelnde Objektivität und Ausgewogenheit, samt Weglassen wichtiger Tatsachen!
Zum Thema Arbeitssicherheit:
Der Tesla „Impact Report 2019“ zeigt auf, dass – basierend auf offiziellen Zahlen – Tesla bei der Arbeitssicherheit (bei gleichzeitig massiver Ausweitung der Produktion und vielen neuen Mitarbeitern) im Durchschnitt oder besser vergleichbarer Industrien liegt, und Tesla diesen Bereich laufend weiter verbessert (Seiten 39 ff) und z.B. ebenso den Wasserverbrauch je hergestelltem Auto immer weiter verringert (S.17).
Das ist leicht zu recherchieren, aber man muss es halt tun, und das hat Frontal 21 eben auch hier versäumt.
Sie führen für angebliche Verhältnisse bzw. Kritik an der Firma ein Beispiel aus 2014 an. Das ist 7 Jahre her! Ein aktuelleres Beispiel konnten Sie wohl nicht finden (bei aktuell ca. 70.000 Mitarbeitern)?
Da lt. Aussage in ihrer Sendung ein Gerichtsverfahren noch anhängig ist, ist es doch klar, dass Tesla sich nicht dazu äußert.
Der beschriebene Vorgang passt übrigens thematisch gut z.B. zu S. 40 des Tesla „Impact Report 2019“ (stark steigende „Employee Engagements“, „Find it – Fix it program“ etc.). Lesen empfohlen!
Dass es dann über die Zeit bei so vielen Mitarbeitern welche gibt, die unzufrieden sind, bzw. bei denen es nicht so gut lief (wie und warum auch immer, und auch hier gehören zwei Seiten dazu), passiert überall mal und gehört nicht derart dramatisiert und aufgebauscht.
Auch z.B. dem Tesla „Impact Report 2019“ zu entnehmen: Tesla hat ein „Veterans“-Programm, in dem ehemalige Angehörige der Streitkräfte gezielt in Arbeit gebracht werden (die sonst oft nicht mehr Fuß fassen können und auf der Straße landen). So was habe ich noch von keiner deutschen Firma gehört, trotz Betriebsräten und Gewerkschaften.
Auch so was gehört durchaus zu einer ausgewogenen, objektiven und umfassenden Berichterstattung.
Ich erinnere an die ZDF - Richtlinien und Pflichten u.a.:
- „Das ZDF zielt auf eine Qualitäts-Marktführerschaft .... Seine Programme sind den publizistischen, ... Standards sowie den rechtlichen Vorgaben der … , Objektivität, Ausgewogenheit, ... verpflichtet.“
- (4) Die Informationssendungen ... müssen durch Darstellung der wesentlichen Materialien der eigenen Meinungsbildung dienen. Sie dürfen dabei nicht durch Weglassen wichtiger Tatsachen, durch Verfälschung oder durch Suggestivmethoden die persönliche Entscheidung zu bestimmen versuchen.
Anspruch und Wirklichkeit klaffen hier weit auseinander, dieser Beitrag ist nicht hinzunehmen.
Ich erwarte ihre Stellungnahme.
Mit freundlichen Grüßen
Dipl.-Ing. Conrad Rössel
Wer sich anschließen mag - sei es 1:1 mit diesem Text oder mit Auszügen oder abgewandelt oder eigen kreiert, ist herzlich eingeladen.
Die Links dazu sind :
https://www.zdf.de/zdfunternehmen/zdf-fernsehrat-foermliche-programmbeschwerde-100.html
etwas runterscrollen bis "Programmbeschwerden", dort finden sich z.B. die Details
Zum Formular direkt:
https://www.zdf.de/zdfunternehmen/gremien-fernsehrat-foermliche-programmbeschwerde-104.html