08.05.2012
Werner Glatzle:

Priorität bei Energiewende: Speicherausbau nahe bei Solaranlagen und Windmühlen

Kaum je dürfte man einen so vorausschauenden Vortrag wie den von Werner Glatzle über die nächsten Schritte der Energiewende in der Provinz gehört haben! Man hätte gewünscht, er wäre in einem der Machtzentren gehalten worden und die Minister für Umwelt und Wirtschaft hätten mitgehört. Letzteren bescheinigte der Redner, sie hätten ihre Hausaufgaben nicht gemacht und würden den Interessen der Machtstrukturen am Energiemarkt dienen, statt zügig Photovoltaik (PV)und Windkraft auszubauen. 

Da die Öl- und Kohlewirtschaft unweigerlich zu Ende gehe, das Zwei-Grad-Ziel zum Ende des Jahrhunderts schon jetzt als verfehlt angesehen werden müsse, die Überbevölkerung dramatisch steige und wichtige mineralische Rohstoffe knapp würden, gebe es nur einen Ausweg: regenerativen Strom. Dies umso mehr als Strom die wichtigste Energieform der Zukunft sein werde. So bezeichnete Glatzle die Energiewende als dritte industrielle Revolution.

Mit den Regenerativen werde sich die Energiewirtschaft unausweichlich von einem zentralistischen zu einem dezentralen System wandeln. Schon der heutige Ausbaustand der Erneuerbaren bereite Probleme, das Netz, in dem immer nur so viel Strom sein darf, wie gerade verbraucht wird, stabil zu halten. Das großflächige Abschalten von Windkraftanlagen und Solarkraftwerken an sonnigen und windreichen Tagen könne nicht die Lösung sein. Das diene nur dazu, die kaum regelbaren Stein- und Braunkohlekraftwerke am Netz zu halten, zumal dafür der Verbraucher doppelt bezahlt. Notwendig sei der Bau von Stromspeichern und von schnell reagierenden Gas- und Dampfkraftwerken (GuD).

Glatzle präsentierte als Lösungsvorschlag ein örtliches Einspeise-Management für regenerative Energien mit Speichern vor Ort. Welche Stromspeicher gibt es? Der ehemalige Musiklehrer am HG gab einen Überblick über Speichertechniken, ihre Kapazitäten und Wirkungsgrade, damit verbunden ihre Einsatzgebiete. Die Techniken reichen von Kondensatoren über Schwungräder und die konventionellen Pumpspeicherkraftwerke bis zu den chemischen Speichern: die Umwandlung des überschüssigen Stroms in Wasserstoff oder Methan. Letzteres werde ins Erdgasnetz eingespeist und habe den Vorteil, dass dafür bereits riesige Speicher vorhanden sind.

Für den Hausgebrauch, sprich für die eigene PV-Anlage, eigne sich die Speicherung mittels Akkus. Hierfür konnte der Referent eigene Erfahrungen beisteuern. In seinem Haus betrieb er ab 1990 etwa 10 Jahre lang ein Akkusystem das nahezu alle Verbraucher, inklusive das Elektroauto speiste. In Frage kämen dafür heute Li-Ion-Batterien und die sog. „Zebra“-Batterie. Somit könnten die PV-Überschüsse zur Mittagszeit in die Abend- und Nachtstunden verlagert oder Schlecht-Wettertage überbrückt werden. Den selbst verbrauchten Strom müsse das Netz schon nicht aufnehmen. Glatzle verwies dabei auf einen Vorschlag des Solarenergie-Fördervereins Deutschland (SFV).

Werde der Strom aber zur Glättung der Verbrauchsspitzen doch ins Netz geleitet und dies gelte entsprechend für größere Erzeuger, bedürfe es einer intelligenten Kommunikation zwischen Erzeuger und Verbraucher, bzw. dem örtlichen oder regionalen Netzmanagement. Systemvorbild sei diesbezüglich das Internet. „Die Politik muss dafür die Rahmenrichtlinien festlegen und ein Anreizsystem zum Bau von Speichern installieren“, sagte Glatzle. Verkehrt sei, jetzt aus Gründen der Netzstabilisierung den Zubau der Photovoltaik zu drosseln. Diese müsse im Gegenteil genauso wie die Windkraft weiter ausgebaut werden. Wenn der Speicheraufbau geregelt sei, werde sich herausstellen, dass der „Netzausbau von unten“ (Nieder- und Mittelspannung) Vorrang habe vor Stromferntrassenbau. „Wenn man aber mit der Umstellung des Netzsystems wartet bis zum Netz-Blackout, wird die Sache sehr teuer“, sagte er.

Glatzle verwies darauf, dass der Verein Solar mobil Heidenheim eine Exkursion zu Firma Varta macht, wo genau über dieses Speicher- und Managementsystem in Form eines Pilotprojekts der ODR und Varta mehr zu erfahren ist.