10.01.2012
 

Pumpspeicherkraftwerk Aufhausen/Ochsenberg bietet sich an

 110908 Rink web

Uli Rink: Stromspeicherkapazitäten in der Region aufbauen

„Pumpspeicherkraftwerke in Ostwürttemberg“ – ein Thema, das niemand interessiert – hätte man meinen können. Ein Zuhörerrekord bei Solar mobil/VHS von über 50 Teilnehmern, darunter eine große Anzahl Voithianer, haben Skeptiker eines Besseren belehrt. Uli Rink wertete dies als gutes Signal. In seinem Vortrag wartete er mit einer großen Zahlenbasis auf, mit der er die Notwendigkeit begründete, in der Region Stromspeicherkapazitäten aufzubauen.

 

Je nach Institut wichen die Schätzungen des Stromverbrauchs und der Energiebereitstellung bis 2050 stark voneinander ab, sagte Rink. Sicher sei aber, dass der Stromverbrauch steigt, woran auch der Energieeffizienzgewinn nichts ändern werde. Andererseits habe sich die Stromerzeugung aus Erneuerbaren seit 2000 auf 60 Gigawatt mehr als verdoppelt. Die vom Referenten vorgelegten Hochrechnungen zeigten, dass „wir erst am Anfang des regenerativen Energieausbaus stehen“. Allein bei Photovoltaik und Windkraft wird es nach UBA eine Verfünffachung geben. Dementsprechend nehme die so genannte Grundlast ab, während die Erneuerbaren stärker in Grund-, Mittel und Spitzenlast eingebunden würden. Obwohl immer genauere Wetterprognosen den Lastgang berechenbarer machten, ließen sich auch heute schon Angebot und Nachfrage nur mit Hilfe der Zwischenspeicherung von Energie in Pumpspeicherkraftwerken zur Deckung bringen. Aufgrund der Zunahme der stark von meteorologischen Schwankungen abhängigen Erneuerbaren, werde mehr so genannte Regelenergie für die Netzstabilität benötigt.

Welche Speichertechniken kommen für die Pufferung in Frage? Der Referent unterteilte in chemische und physikalische Speicher. Zur ersten Gruppe gehört die erst im Feldversuch vorliegende Methanisierung. Aus Strom wird Erdgas erzeugt. Aufgrund der riesigen strategischen Erdgasspeicher in der BRD, die eine Energiemenge für 90 Tage vorhalten können, stellt diese Umwandlungsform neben der Erzeugung von reinem Wasserstoff einen Langzeitspeicher dar, z.B. für die Energietransmission vom Sommer in den Winter. Dezentral einsetzbar sind auch stationäre Bleigel-Akkus oder später die Akkus von E-Cars. Diese reichen lediglich zum Glätten der Tag-Nacht-Schwankungen und für maximal drei Tage. Die andere große Gruppe stellt die physikalische Zwischenspeicherung dar. Dazu gehören das Schwungrad (Ausgleich von minütlichen Schwankungen), die Druckluftspeicherung und die klassische Pumpspeicherung mittels Wasser. Das Knowhow dafür sei bei Firma Voith in Heidenheim beheimatet.

Neben den Illwerken im Montafon, die mehrheitlich im Besitz der EnBW sind, leisteten die drei Pumpspeicherkraftwerke in Baden-Württemberg (Schluchsee, Glems, Schwarzenbach) eher einen bescheidenen Beitrag zu der bis dato benötigten Regelenergie von knapp 4 Gigawatt. Diese Kapazität reiche bei den viel höheren Schwankungen, denen die Erneuerbaren unterliegen, nicht mehr aus. Rinks Folgerungen daraus: Die Windkraft auf der Ostalb wird weiter ausgebaut. Erzeugernahe Speicherkapazitäten sind am rentabelsten und stellen zugleich eine regionale Wertschöpfung dar, was zur Stärkung des Standorts und der Infrastruktur beiträgt. Dezentrale Speicher vermeiden einen überdimensionierten Ausbau der Fernleitungsnetze.

Im nächsten Schritt stellte der Heidenheimer Architekt die Voraussetzungen für die Pumpspeicherung dar. Unter anderem gehören dazu eine steile Geländeschwelle mit einer Höhendifferenz von 80 bis 600 Meter, Platz für einen Ober- und Untersee, die Nähe zu einem Gewässer mit ausreichender Schüttung und ein möglichst naher Anschluss an ein 110 bzw. 20 kV-Netz.  Im Kreis Heidenheim kommen nach dieser Maßgabe drei Standorte in Frage: Aufhausen-Ochsenberg (Fallhöhe 125 m), nördlich Königsbronn (170 m), Eselsburger Tal/Dettinger Alb (55 m). Für den Ostalbkreis benannte der Redner fünf Standorte mit deutlich größeren Fallhöhen.

Beispielhaft berechnete Rink die groben Rahmendaten für ein Pumpspeicherkraftwerk Aufhausen-Ochsenberg. Danach werden Speicherseen von 300 x 300 Meter in der Nähe des Umspannwerks Aufhausen und beim Munitionsdepot Ochsenberg benötigt. Der Wasserspiegel steige, bzw. falle um 5 Meter je nach Arbeitsphase. Die Wälzmasse umfasse 450.000 m³. Bei einem Wirkungsgrad von ca. 80 Prozent ließen sich in einem Arbeitsgang (Leeren des Obersees) 137.000 Kilowattstunden Strom generieren. Die Turbinenleistung müsste auf etwa 13,5 MW ausgelegt werden.

Hieße der Betreiber Stadtwerke Heidenheim, so erhielten diese mit einem Pumpspeicherkraftwerk Aufhausen-Ochsenberg etwa 20 Prozent eines Tagesbedarfs als Regelleistung. Mit einer maximalen Regelzeit unter Volllast von mehr als 10 Stunden könnten Erzeugungs- und Verbrauchsspitzen im Tagesgang geglättet werden. Für das in der Heidenheimer Werk-Stadt propagierte Ziel der energieautarken Stadt wäre dies ein wichtiger Baustein, so der Vorsitzende des Solar mobil Heidenheim.

Nachdem bereits unter der Federführung von Thomas Reinhardt, dem zukünftigen Landrat, eine Anhörung zu eben diesem Projekt stattgefunden habe, bei der Vertreter der Stadtwerke Ulm und der EnBW/ODR sich interessiert gezeigt hätten, habe man eine Machbarkeitsstudie avisiert. Seitdem aber sei das Projekt in der Schublade verschwunden. Der Solar mobil wünsche vom neuen Landrat, dass die Gesprächsfäden bald wieder aufgenommen werden mit dem Ziel einer Machbarkeitsstudie. Unter weiteren Handlungsempfehlungen nannte Rink die Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger weit im Vorfeld.

Der Solar mobil Heidenheim wird am 8. Mai das Thema Energiespeicherung erneut aufgreifen. Werner Glatzle wird über die dezentrale Stromspeicherung mittels Akkus referieren. (Vorankündigung)

Zu den Folien vom Vortrag von Uli Rink: hier