28.09.2004
Wolfgang Sanwald:
 

Komfortables Passivhaus

 Vor wenigen Tagen erhielt er die Zertifizierungsurkunde für sein eigenes Wohnhaus, das er als Passivhaus entworfen und gebaut hat: Diplomingenieur Wolfgang Sanwald, Architekt in Steinheim. Bei Solar mobil Heidenheim berichtete er über dessen Kriterien und Anforderungen sowie erste Wohnerfahrungen.

Es ist das erste zertifizierte Passivhaus im Kreis Heidenheim. Das Zertifikat wird für die Einhaltung der Passivhaus-Norm vergeben. Bereits 1987 habe Dr. Feist, der das Passivhaus Institut in Darmstadt leitet, diese Norm entwickelt, die besagt, dass der Jahreswärmebedarf lediglich bis zu 15 Kilowattstunden pro Quadratmeter Wohnfläche betragen und der Primärenergiebedarf für Raumerwärmung, Warmwasserbereitung und Haushaltsstrom 120 Kilowattstunden pro Quadratmeter nicht überschreiten darf. Der Name „Passivhaus“ leite sich davon ab, dass die „passive“ Nutzung der Wärme aus Sonneneinstrahlung (Fenster/thermische Solaranlage) und die Wärmeabgabe von Geräten und Bewohnern ausreicht, um das Gebäude ohne ein herkömmliches Heizungssystem auf angenehmen Temperaturen zu halten.

Die Anstrengungen, den Heizenergieverbrauch auf etwa ein Zwanzigstel eines gängigen Altbaus zu reduzieren, resultierten aus der Erkenntnis, dass angesichts der CO2-Problematik bei gleichzeitiger Zunahme der Weltbevölkerung Energieeinsparungen unumgänglich seien. Zahlreiche Gesetzesverschärfungen der letzten 20 Jahre trügen dem Rechnung. So schreibe die Energieeinsparverordnung von 2002 bei Neubauten den Standard des Niedrigenergiehauses fest. „Die wirksamste Energieeinsparung lässt sich bei der Gebäudeheizung realisieren“, so Sanwald, entfalle doch in der Bundesrepublik ein Drittel des gesamten Energieverbrauchs auf Gebäudeheizung. Dabei werde es nötig sein, auch den Altbaubestand zügig auf Niedrigenergie-Standard zu bringen. Dies sei machbar und es gebe dafür auch Zuschüsse.

Bei der Ausführung eines Passivhauses gälten folgende Kriterien: Hinzuziehung von erfahrenen Architekten und Fachplanern, eine kompakte Baumasse, wärmebrückenfreie Detailplanung, extrem hohe Wärmedämmung, weitestgehende Luftdichtigkeit, Dreifach-Wärmeschutzverglasung bei Fenstern, Lüftungswärmerückgewinnung, Frischluftvorerwärmung im Erdreich, niedrigste Wärmeverluste bei der Brauchwasserbereitung und -verteilung, Nutzung thermischer Solarenergie und hocheffizienter Haushaltsgeräte. Der Architekt gab an, die Baukosten kämen nur etwa 10 Prozent höher als ein durchschnittlicher Neubau. Schließe man die Betriebskosten über 30 Jahre ein, so lägen die Kosten fürs Passivhaus nicht höher. Detailliert beleuchtete Sanwald einige bautechnisch schwierige Punkte wie die Durchführung von Versorgungsleitungen durch die Gebäudehülle oder die Isolation von Bodenplatte zum Erdreich und von tragenden Wänden zur Bodenplatte. Erleichtert gab er zur Kenntnis, dass dafür bereits fertige „Low-Tech“-Lösungen in am Markt sind, wie überhaupt der ganze Bau keinerlei „High-Tech“ benötige. Der Fachmann schilderte auch die architektonische Planung einschließlich Materialwahl, wobei zum Ausdruck kam, dass das Gebäude zur Erfüllung des strengen Standards nicht unbedingt nach Süden ausgerichtet sein muss und dass große Fensterflächen durchaus möglich sind. Schließlich behandelte er immer wieder gestellte Fragen in Bezug auf das Passivhaus. So enthalte sein Haus sehr wohl eine Heizung: ein durch eine thermische Solaranlage gespeistes Heizregister in der Frischluftzuleitung sowie drei kleine Heizkörper. Als „Notnagel“ liefere eine Gasbrennwerttherme die benötigte Wärme. In der ständigen Frischluftzufuhr mit Wärmerückgewinnung, die für Behaglichkeit sorge, sah der Eigentümer des Passivhauses den eigentlichen Komfort. „Verzichten will darauf niemand mehr, der ihn gewohnt ist“, meinte er.