7.07.2002 Daniel West (ZSW): |
Was wurde aus dem Pilotversuch in der Kläranlage Mergelstetten?
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(hmh). Der von Stadtrat Erhard Lehmann mit initiierte und von den Stadtwerken unterstützte Pilotversuch des baden-württembergischen Zentrums für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung (ZSW) sollte den Nachweis erbringen, dass Methanol aus Biomasse gewonnen werden kann. Dieser wurde 2001 beendet, ohne dass ein Ergebnis bekannt wurde. Solar Mobil Heidenheim hat aus Interesse an regenerativen Antrieben nachgefragt und das ZSW bot an, im Rahmen eines Vortrags zu berichten. |
Der genaue Arbeitstitel des Versuchs lautete: Nachweis der technischen Machbarkeit der dezentralen Methanol-Erzeugung aus regenerativen Ressourcen. Zwar liegt der Abschlussbericht noch nicht vor, doch Daniel West vom ZSW, der kürzlich zum Vortrag angereist war, konnte ein sehr positives Fazit ziehen. Eine Einsatzmöglichkeit für das gewonnene Methanol gibt es allerdings vorläufig nicht. Es biete sich an, es in herkömmlichen Verbrennungsmotoren, das heißt im Autoverkehr zu nutzen. Zum andern könnte es entweder nach Reformierung zu Wasserstoff in der Brennstoffzelle zum Einsatz kommen oder direkt in der sogenannten DMFC-Brennstoffzelle, also ebenfalls im Verkehr. Methanol hat zwar nur etwa die halbe Energiedichte wie Benzin, verbrennt aber mit einem höheren Wirkungsgrad und bei wesentlich besseren Abgaswerten. Wird es auf die nachgewiesene Weise erzeugt, ist es vollkommen CO2-neutral und nicht klimaschädlich. Es ist biologisch abbaubar und leicht lager- und transportierbar, im Unterschied zu gasförmigen Brennstoffen wie Wasserstoff. Aus diesem Grund sah der Referent eine zeitnahere Verwertungsmöglichkeit als bei Wasserstoff. Methanol falle auch unter die kürzlich von der Bundesregierung beschlossene Steuerbefreiung für Biokraftstoffe. Allerdings stehen diesen Vorteilen auch Nachteile gegenüber. So verursacht es im (unveränderten) Motor Kaltstartprobleme und wirkt auf Schläuche und Dichtungen korrodierend. Beides könne man aber in den Griff bekommen, so der Referent. Methanol lasse sich problemlos großtechnisch in gossen Mengen herstellen. In Mergelstetten sollte jedoch demonstriert werden, dass geringere Mengen (bis 10 Tonnen im Jahr) in einer möglichst einfachen Anlage produziert werden können. Man wollte deshalb Erkenntnisse zur Mindestgröße einer solchen Anlage gewinnen. Dazu musste ein neues Reformerkonzept erprobt werden. In zwei blauen Containern war die Versuchsanlage in der Mergelstetter Kläranlage untergebracht. Von dem ohnehin anfallenden Klärgas, das normalerweise in einem Blockheizkraftwerk verwertet wird, wurde ein Teil abgezweigt. Im ersten Container fand die Reinigung und Reformierung dieses Gases statt, das heißt es wurde mit Wasserdampf zu einem Synthesegas umgebaut. Im zweiten Container fand die Methanolsynthese statt. Als Ergebnis stand dann das Rohmethanol zur Verfügung, das bei Weiterverwertung weiter gereinigt werden muss. West berichtete, die Europäische Union habe vor, den Otto- und Dieselkraftstoff stufenweise bis 2020 zu 20 Prozent mit regenerativen Kraftstoffen zu ersetzen. Dabei könne Methanol neben Biogas und Wasserstoff eine bedeutende Rolle spielen. Angesichts der hervorragenden Nutzungsmöglichkeit von Methanol als alternativem Treibstoff erschien es West eigenartig, dass sich Daimler-Chrysler auf die Wasserstoff-Brennstoffzellen-Technologie, BMW auf ein Konzept der Verbrennung flüssigen Wasserstoffs in herkömmlichen Motoren und VW auf Beibehaltung von Benzin/Diesel-Technologie versteife, wobei VW jedoch diese Kraftstoffe regenerativ herstellen wolle. Er betonte, dass Synthese-Fuels, in welchen auch Methanol enthalten sei, pro Energieäquivalent kaum teurer seien als Strom und in absehbarer Zeit wirtschaftlich würden. West berichtete, dass die Forschung am ZSW bezüglich regenerativer Kraftstoffe sich auch auf die Pyrolyse bezieht, ferner auf die Optimierung der Heidenheimer Anlage und auf den „M85“-Brennstoff, einer Mischung aus 85 Prozent Methanol und 15 Prozent Benzin. Aufgrund der Ergebnisse in Mergelstetten hätten sich bisher drei Interessenten aus der Industrie interessiert. Das ZSW betreibt Grundlagenforschung mit dem Ziel, diese in der Industrie anwendbar zu machen. |